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Carla Pohl

Ein Tag mit Gundula Schulze Eldowy



Hallo?!
Hallo, hier oben!
Ruft es mir entgegen, als ich kurz davor war
wieder umzudrehen. Gundula Schulze Eldowys Atelier ist im
Dachgeschoss. Auf das Rufen hin steige ich die letzten Stufen hinauf
– denn heute treffe ich die quirlige und spannende Fotografin.


An
ihrer Arbeit fasziniert mich am meisten die schonungslose Wahrheit
und dieser trotz allem sensible Blick, der einem das Licht im Dunkel
zeigt.


Freudig
strahlend begrüßen wir uns, ich betrete das Atelier. Mir fällt
sofort die Fülle an Fotografien auf – darunter entdecke ich
Arbeiten von Evelyn Richter, Sibylle Bergemann und auch Robert Frank
– eine persönliche Führung werde ich auch noch bekommen, aber
zuerst lege ich meine Sachen ab und setze mich mit der Fotografin, zum kennenlernen, reden und auch zum anschauen meiner eigenen
Arbeiten hin.


Das
Gespräch mit Gundula Schulze Eldowy beginnt schnell. Ich war in
der DDR immer ein wenig System fern und ein großer Querulant,
dass hat nicht allen gefallen, aber ich bin mir immer treu geblieben
und eins ergibt das Andere.
Im Grunde geht es um das
Machen. Machen kommt von Macht und auch Ohnmacht ist inbegriffen. Machen um auszudrücken. Die Kunst dient der Erforschung meiner Selbst, um mir nicht länger ein Rätsel zu bleiben. Mir gefällt am meisten an der
Fotografie, aber auch am Schreiben, das Schöpferische, das Machen.


Gespannt
höre ich den Erzählungen zu. Peru habe sie verändert erzählt sie
mir, hat ihr einen erweiterten Blick auf die Welt gegeben. Seit nun 16
Jahren lebt sie abwechselnd in Peru und Berlin und fuhr mit ihrem Mann kreuz und quer durch die Anden.


Die
Fotografin hat begonnen, Fotografien und Kunst zu sammeln. Nach nun vierzig Schaffensjahren ist dabei eine ganze Menge zusammengekommen. Ein
Künstler lebt viel von einem „Quit pro Quo“ - da werden
Fotografien von Skulpturen oder Malereien gemacht und als „Lohn“
bekommt man ein Kunstwerk des anderen Kunstschaffenden. Genauso
verhält es sich zwischen den Fotografen*innen, so ist zum Beispiel
eine Fotografie von Sibylle Bergemann in die Sammlung von Gundula
Schulze Eldowy gekommen. Die, wie ich finde, spannendste Geschichte
über ein sehr kleines Foto, birgt auch gleich die Bedeutung der
Wertschätzung zur Fotografie der Künstlerin. Gundula Schulze Eldowy
hatte in ihrer Zeit beim Berliner Sportverlag in einer Mülltonne
dieses kleine Foto mit Wilhelm Pieck vor der ersten Volksbefragung in Halle gefunden. Das Foto wurde von Herbert Kranfeld aufgenommen, der längst tot ist Sie
nimmt es raus und hebt es auf. Ihr Chef hatte es weggeschmissen, da
es für ihn nicht wichtig war. So etwas kann man nicht
wegschmeißen!!
- Spricht hier jetzt die Fotografin, Künstlerin
oder Sammlerin? Irgendwie alle drei, auf jeden Fall eine große
Wertschätzung gegenüber etwas Geschaffenem.


Nun packe ich meine eigenen
Arbeiten aus. Ich beginne mit meinen Polaroids. Gundula nimmt die Bilder
in die Hand, fängt an zu sortieren, bis am Ende eine kleine Auswahl
auf dem Tisch liegt. Da hast du schön die Atmosphäre
eingefangen.
Davon viel viel mehr. Da brauchst du Hunderte.
Glücklich packe ich den nächsten Stapel aus – meine analogen
Mittelformat Bilder. Auch hier wieder eine Auswahl mit
atmosphärischen Bildern. Als letzter Stapel kommt mein Projekt „deo
et homines…“.


Bei
den Bildern musst du mehr abstrahieren. Konzentriere dich auf die
Hände oder auf die Aufstellungen in den inszenierten Ritualen. Und
vielleicht machst du auch nochmal mit einer analogen Kamera ein paar
Bilder? Du solltest dir auch überlegen, dazu ein wenig zu schreiben
bzw. die Bilder mit Text kombinieren. Als Reportage funktioniert es
noch nicht. Warum beschäftigst du dich damit? Das und anderes musst du dich fragen.
- Sie ordnet die
Bilder und zeigt mir Ausschnitte, wie ich es mehr abstrahieren könnte.
- Siehst du was passiert? Du brauchst mehr Mut, um so dicht
heranzugehen. Fotografen dürfen das, Fotografen dürfen alles. Ich
fand es sehr mutig von dir zu Evelyn Richter, die nach einem Schlaganfall im Heim liegt, zu fahren und mit deinen
Begegnungen anzufangen. Davon mehr. Trau dich. Folge deiner
Intuition.


Der
Tag neigt sich dem Ende zu. Ich bin überwältigt von dem
inspirierendem Gespräch und den motivierenden Worten der Fotografin
und hoffe auf weitere solcher Begegnungen mit Gundula Schulze Eldowy
und auch anderen Fotografen*innen.


Überleg dir, ob du deine Treffen mit den Fotografen auch international
machst.
Ruft sie mir noch in
den
Treppenflur hinterher. – Ja,
möchte ich. Zu Robert Frank gerne; Ja, Robert Frank!! – Ich
werde wohl anfangen zu sparen, um mir die Reise zu den
internationalen Fotografen*innen leisten zu können.


Die
letzten Worte meines heutigen Blogbeitrags möchte ich noch der
Fotografin widmen:


Nur
die Verrückten haben das Sagen.

- Ja, da hat sie
wohl
recht.